Stiftung hilft Schülern beim Start in den Beruf

In: Hamburger Abendblatt, 28. September 2012
Von Matthias Schatz

Hamburg. Konzentriert sitzt Alexandr Oltov vor dem Bildschirm und feilt an einer Präsentation. Der Flachbildmonitor ist ebenso neu wie die hellen Holzmöbel, an denen der Sohn russischer Spätaussiedler arbeitet. Hinter ihm steht ein größerer Schreibtisch, an dem ein Chefsessel mit hoher Rückenlehne steht. Was wirkt wie ein Büro, ist in Wirklichkeit ein Klassenzimmer. Und Oltov ist ein 16 Jahre alter Schüler der Stadtteilschule Querkamp/Steinadlerweg in Horn. Dass er dort bereits die Berufsatmosphäre kennenlernen kann, hat er Volker Putz zu verdanken. Denn der 67-Jährige, der jetzt dem Aufsichtsrat der von ihm gegründeten Unternehmensberatung PUTZ & PARTNER vorsitzt, spendete zusammen mit seiner Frau Veronika die moderne Ausstattung des Raums mit zwölf PC-Arbeitsplätzen.

Insgesamt stellt die Stiftung des Ehepaares unter der Patenschaft von Senator Ties Rabe (SPD) dieses Jahr der Schule 50.000 Euro zur Verfügung. Dafür wird noch ein Beratungsraum mit sechs weiteren Computern eingerichtet sowie eine Halbtagskraft bezahlt. Von Oktober an berät sie in dem zunächst auf drei Jahre angelegten Projekt Schüler bei der Berufswahl und unterstützt sie dabei, etwa durch Hilfe beim Schreiben von Bewerbungen, einen Ausbildungsplatz zu finden. Darauf haben nämlich viele Abgänger in diesem Stadtteil keine Aussicht, wie Veronika Putz weiß. Die 63-Jährige unterrichtete rund 20 Jahre an der Schule Hermannstal, die in der Stadtteilschule aufgegangen ist. Grund sind zum einen Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache - fast die Hälfte der Schüler hat ausländische Wurzeln. "Viele dieser Familien sind zudem mit dem dualen Bildungssystem hier in Deutschland nicht vertraut", sagt Susanne Köpke. Die Sozialpädagogin, die Arbeitslehre unterrichtet, beklagt überdies Berufs- und Bildungsferne auch in vielen Familien ohne Migrationshintergrund.

Mit ihrem Kollegen Jürgen Beste betreut Köpke die jetzt eingeführten sogenannten TransFer-Klassen. Eine der insgesamt vier 10. Klassen eines Jahrgangs absolviert dabei seit August zwei Tage in der Woche ein Praktikum bei einem Unternehmen. Bei Alexandr Oltov ist es die BHK Tief- und Rohrbau. Die drei anderen Tage besuchen sie die Schule. Dieser Wechsel findet bis zum Beginn der Weihnachtsferien im Dezember statt. "So bekommen die Schüler mehr mit als in kurzen Praktika, werden sich klar über die Berufsbilder", sagt Jürgen Beste.
Der 52-Jährige unterrichtet unter anderem Mathematik, Deutsch sowie Natur und Technik. Und damit steht er Schülern wie Oltov im Chefsessel des PC-Raums zur Seite. "Die bekommen mit, dass man nicht für die Schule, sondern für das Leben lernt." Wie wichtig Mathematik und Geometrie für Handwerker sind, hat beispielsweise auch Oltovs Klassenkamerad Marek Deja erfahren, dessen Familie aus dem polnischen Posen übersiedelte. Er absolviert ein Praktikum als Metallbauer und Konstruktionsmechaniker bei der Eduard Schmidt und Sohn GmbH. Umgang mit Kunden und Kollegen, und damit gute Deutschkenntnisse und Sozialkompetenz sind für Sabrina Schultz wichtig, die beim Möbelgeschäft "Stilbruch" Einblick in den Beruf der Bürokauffrau erhält, in dem sie später auch ausgebildet werden möchte.

"Dass diese Schüler so gefestigt und orientiert sind, liegt auch an der vorausgegangenen Beratung", unterstreicht Susanne Köpke die Bedeutung der Honorarkraft, die von der Volker-und-Veronika-Putz-Stiftung bezahlt wird. Sie soll den Schülern auch helfen, ihre Stärken zu erkennen und daraus einen realistischen Berufswunsch abzuleiten. Schulsenator Ties Rabe nennt dieses Engagement eine "runde Sache". Die Honorarkraft werde den Jugendlichen wichtige Impulse für die Zukunft geben können. "Beim Übergang von der Schule in den Beruf entscheidet sich das Lebensglück vieler junger Menschen."

Neben dem Geld bringt Volker Putz auch seine Kontakte in die Wirtschaft ein. So will er "auf Tournee gehen", damit die Schüler auch bei größeren Unternehmen und nicht nur bei kleinen und mittelständischen Betrieben ein Praktikum bekommen. Putz sieht bei Konzernen nur eine geringe Bereitschaft, die Schulabgänger auch wirklich auszubilden. Das erkläre auch, warum viele Ausbildungsplätze nicht besetzt würden, obwohl viele Schulabgänger noch einen suchten. "Die Unternehmen haben auch eine Verantwortung und eine Holschuld", sagt Veronika Putz. Es sollten keine Randgruppen entstehen.

Zurück